
Bei meinen Kursen quer durchs Land begegnen mir die unterschiedlichsten Maschinen aller Hersteller, nicht nur Overlocker, sondern auch kombinierte Maschinen und natürlich auch Coverstitches.
Da das Covern durchaus ein paar kleine Tricks benötigt und ebenfalls ein wenig Hintergrundwissen, wollen wir heute mal auf Feinheiten schauen, die einem beim Covern so begegnen und über die man im ersten Moment gar nicht so nachdenkt.
Dafür nutze ich heute eine bernette Funlock 42 und schon beim ersten Anschalten fällt auf, dass das Licht sehr hell und der Arbeitsbereich gut ausgeleuchtet ist. Außerdem ist der Durchlass schön groß.

Das Zubehör liegt vorn in der Klappe. Das mag ich, da muss ich als Pinzettenverleger nicht lange suchen. Ein Set mit Klarsichtfuß und diversem Anderen habe ich direkt daneben, darum tausche ich erstmal den Standardfuß auf Klarsicht – Frau will ja sehen, wo sie näht! Das Einfädeln geht gut von der Hand, was sicher daran liegt, dass alle Coverstitches nahezu gleich eingefädelt werden. Auch der hintere Teil des Covergreifers ist schnell eingefädelt Dank einer guten Übersichtlichkeit im Maschineninneren.
Der Weg zu guter Spannung - Teil 1
Oder
Die Bedeutung des Garnes
Beim Einfädeln denke ich darüber nach, wie häufig mir Beschwerden begegnen über schlecht nähende Covermaschinen und wie oft das einfach am falschen Garn liegt. Viele Maschinen wären nicht so schlecht wie ihr Ruf, wenn Ihre Besitzer Ihnen gutes Garn gönnen würden. Da wir beim Covern mehr denn je mit Zug arbeiten, also mitunter hohe Spannungen für ein sauberes Nahtbild brauchen, habe ich Madeira Aerolock auf den Nadeln und ein Bauschgarn auf meinem Greifer. Stünde minderwertiges Garn vor allem auf den Nadeln, ist das Risiko hoch, dass der Faden wieder und wieder reißt, weil er nicht stark genug ist, um den Greifer durch die Maschine zu ziehen! Und „reißen“ ist nur EIN Problem, dass durch falsches Garn ausgelöst werden kann.
Überhaupt ist das Thema Spannungen spannend. Denn das, was der Hobbynäher meist als gute und dekorative Naht versteht, ist häufig nicht so gut dehnbar, aber dazu mal an anderer Stelle mehr. Heute bleiben wir erstmal bei der Funlock, die ungeduldig mit den Hufen scharrt ;O))
Ich habe 4 Stoffe zum Testen ausgesucht: Einen dünnen Jersey, einen dickeren, eine Gabardine und einen Sweat. Eingefädelt habe ich 3 Nadeln und erstmal liegt mein Fokus auf einer schönen Naht.
Ein sauberer Nahtbeginn
Um einen sauberen Nahtanfang zu bekommen und nicht zum Beginn zusammen geschobene Stiche zu haben, lege ich mir einen Höhenausgleich von hinten an mein eigentliches „Nähgut“. Beide Stoffe treffen sich genau unter den Nadeln.

Warum? Ohne den hinten anliegenden Stoff würde mein Fuß nur zur Hälfte mit Stoff unterlegt sein und dieser müsste sich seinen Weg alleine nach hinten zwischen Fuß und Transporteur bahnen – was er sehr häufig nicht schafft, dann nicht vom Fleck kommt und schon sind die Stiche zusammengeschoben. Liegt hinten etwas drunter, steht der Fuß gerade (und liegt nicht hinten auf dem Transporteur auf) und der Stoff, den ich nähen möchte, kann einfach nach hinten wegtransportiert werden. Selbst wenn ein erster Stich in den Höhenausgleich gehen sollte, kann ich hinterher meinen eigentlichen Stoff einfach abschneiden, denn eine Covernaht trennt sich nur von ihrem Ende auf – nie vom Anfang!

Die ersten Stiche sehen schon super aus, ich muss nichts nachregulieren.
Der Weg zu guter Spannung - Teil 2
oder
Was hat Garnabgabemenge mit Spannung zu tun?
Schauen wir also mal auf Spannung. Häufig höre ich den Wunsch nach DEM universellen Einstellungstipp für die Covernaht. Den aber gibt es nicht, denn jeder Stoff ist anders dick und anders dehnbar und es ist ein Unterschied, ob alle Nadeln eingesetzt sind oder nur 2 - und ob die beiden beieinander stehen oder es die Außenliegenden sind. Des Weiteren ist jedes Garn unterschiedlich dick: mal habe ich Bauschgarn, mal Stickgarn und mal dickeres Decorgarn. Ein dickes Garn benötigt im Greifer weniger Spannung und je weniger Spannung ich habe, desto leichter gleitet dickes Garn zwischen den Spannungsscheiben durch. Und je dicker das Greifergarn, desto höher muss die Spannung auf den Nadelfäden sein, denn diese müssen ja das Greifergarn durch die Maschine an seinen Platz in der Naht ziehen! Dazu kommt dann die Komponente: Welche Nadeln habe ich denn eingesetzt?
Habe ich die beiden äußeren Nadeln eingesetzt OHNE die mittlere Nadel (Naht links) , macht mein Greifer in der Mitte der Naht den Schlenker NICHT um die mittlere Nadel (wie bei Naht rechts) und entsprechend brauche ich weniger Garn als wenn die mittlere Nadel eingesetzt wäre (Naht rechts). Darum ist die richtige Spannung immer folgendes Verhältnis:

„Welches Garn habe ich auf dem Greifer?“
UND
„Wie viele Nadeln hab ich eingesetzt?“
ERGIBT
„Umso mehr Greifergarn benötigt wird, desto niedriger die Greiferspannung und desto höher die Nadelspannung
Bedeutet:
Alle 3 Nadeln eingesetzt = niedrigere Spannung auf dem Greifer (weil mehr Garn benötigt wird, um alle Nadeln zu versorgen) und höhere Spannung auf den Nadeln (weil mehr gezogen werden muss).
Darum liegt das Geheimnis beim Covern in erster Linie nicht in der richtigen Spannung, sondern in der Frage, wie viel Garn benötigt wird, Stichwort Garnabgabemenge. Und diese variiert eben durch die 3 Komponenten:
- Nadelanzahl
- Garnstärke
- Gewünschter Effekt (Dehnbarkeit)
Soviel erstmal dazu. Das Thema Spannung ist, wie gesagt, spannend!
Definitiv liegt in den obigen Erklärungen der Hintergrund, warum so viele sich recht schwer tun mit dem Covern. Ich kann Euch aber versichern, dass es sehr einfach ist, wenn man einmal durch die Logik gestiegen ist. Wie bei allem Anderen auch: Verstandene Logik macht ein Thema einfach. Ich lass mich immer mal wieder darüber aus, weil ich glaube, ein gutes Verständnis für Spannungen löst beim Einstellen ALLER Maschinen häufig viele Probleme.
3 Nadel Covernaht
Zurück zur Maschine:
Meine Spannungen stehen auf linke Nadel 9, Mitte 8, rechts ebenfalls 8, Greifer 0, weil wir ja viel Garn brauchen und das auch noch als Bauschgarn dicker ist als normales Overlockgarn. Die Nadeln sind so hoch, weil sie viel zu ziehen haben.
Ich starte mit der Garbardine, habe mit der B780 eine Naht bereits abgesteppt (Schmalkantfuß 10D, leicht versetzte Nadelposition) und covere nun von der linken Seite darüber, damit die Greiferseite rechts liegt.


Die Maschine löst das hervorragend, ich habe weder enge Stiche noch ein in irgendeiner Weise „komisches“ Nahtbild, trotz Übercoverns der Overlocknähte UND maximaler Garnmenge (3 Nadeln). Ich bin begeistert! Ein guter Start und eine Leerraupe habe ich auch. Perfekt!

2 Nadel Covernaht breit
Ich wechsle den Stoff, wechsle das Greifergarn auf Bauschgarn von Mettler, der Sweat ist als nächstes dran, die mittlere Nadel geht raus. Ich möchte Tascheneingriffe abcovern. Also kann ich den Greifer auf 1 erhöhen, weil wir nicht mehr ganz so viel Garn benötigen und ich kann die linke Nadel auf 8 senken, weil sie nicht mehr so stark ziehen muss.


Sehr, sehr gutes Ergebnis, die Maschine lässt sich leicht führen, der Klarsichtfuss und die Markierungen auf der Maschine bieten mir genau das, was ich brauche, um gleichmäßige Abstände zu erhalten.
Ein letzter Test noch auf dem dünnen Jersey. Hier aber bitte nie vergessen: Gecovert wird immer doppellagig - egal wo - oder der Stoff muss verstärkt werden. Entweder mit Avalon Film (wasserlösliches, sehr dünnes Stickvlies) oder mit Fabric Booster. Ich nehme lieber Avalon Film, das kann ich direkt verwenden und muss es nicht erst bügeln und einwirken lassen.
Für den dünnen Jersey verringere ich wiederum alle Spannungen um einen halben Punkt, damit der Stoff sich nicht zusammenziehen kann.

Covern im Nahtschatten
Da ich mit dem Klarsichtfuss nähe, kann ich von links auch einfach im Nahtschatten covern. Hier sind mir die Markierungen am Fuß eine große Hilfe, damit die rechte Nadel genau im Schatten liegt.
Auch hier erfreut mich das Ergebnis, so wünscht sich Frau das ;o)

Endlich ans geplante Projekt
Die Umsetzung des genähten Projektes in diesem Beitrag liegt schon eine Weile zurück. Trotzdem möchte ich es nicht missen, die Arbeit an einem meiner Lieblingsschnitte und das finale Ergebnis mit euch zu teilen: Eine Julietta von 3Ems, genäht aus dickerem Jersey.
Bauschgarn bleibt im Greifer, aber farblich passend nehme ich dunkelblau als Aeroflock von Madeira. Alles geht einfach, sowohl das Absteppen der Raglannähte von links...

...als auch der Saum. Auch die Seitennaht ist kein Thema. Kein Fehlstich weit und breit in Sicht.


Nach wie vor liebe ich das genähte Kleid! Passend für's Office genauso wie zum chilligen Sonntagsbrunch. Und mit der richtigen Maschine auch in kürzester Zeit fertiggestellt ;o))

Demnächst schau ich mal auf weitere Füße für die Maschine und steige ein bisschen weiter ein. Es gibt tolles Zubehör dafür und ich bin sehr überzeugt, dass wir mit gutem Equipment an den richtigen Stellen nicht nur deutlich sauberer ans Ziel kommen, sondern oft auch viel schneller.
Viel Spaß beim Covern ;O))
Hallo liebe Manu!
Ich habe schon bei dir den grossen Coverkurs gemacht aber ich freue mich jedesmal, wenn ich von dir was lesen und lernen kann.😍
Vielen Dank 🫶